Fallbeispiel aus dem Fachbereich SCHIMMELPILZE

Schimmelfrust im neuen Eigenheim

 

Das Objekt

Eine Doppelhaushälfte in einem netten Örtchen unweit des Starnberger Sees. Bei der betreffenden Gebäudehälfte handelt es sich um einen zweistöckigen Holzständerbau mit auf der Kellersohle aufgesetzten Holzstützen. Alle Innenausbauten sind aus massiven Holzbauteilen oder Holzwerkstoffen (OSB-Platten) ausgebildet. Der Bauunternehmer trat hier gleichzeitig als Generalplaner und Generalbauunternehmer auf.

 

Das Problem

Nachdem über längere Zeit Wasser in den Rohbau eingedrungen war und über Tage und Wochen in Pfützen auf allen Geschossebenen stand, ist es zu Schimmelpilzbefall an Holzbauteilen und Verkleidungen aus Holzwerkstoffen gekommen.

Der Bauunternehmer wies jegliche Schuld weit von sich. Er entfernte schließlich nach massiven Beschwerden des Bauherren und Einschaltung eines Anwalts einzelne, stark verschimmelte Verkleidungsplatten, bestritt aber weiter seine Verantwortlichkeit und lehnte jeden darüber hinausgehenden Nachbesserungsanspruch ab. Angesichts der bereits angebrachten nahezu vollflächigen Innenverkleidungen aus OSB-Platten befürchtete der Bauherr, dass über die nur notdürftig sanierten Bauteile hinaus, noch ein viel größeres Schimmelpilzproblem an nicht sichtbaren Stellen vorlag. So der Sachstand bei Einschaltung des Sachverständigen Dr. Skowronek.

Das Problem bestätigt sich

Zunächst wurden Materialproben, die der Bauherr selbst an Holzbauteilen entnommen hatte, im Labor geprüft. Es zeigte sich Schimmelpilzbefall mit der Gattung Trichoderma. Der Bauunternehmer wurde vom Sachverständigen zur Nachsanierung aufgefordert, was er zunächst auch tat. Die Kontrolle zeigte: restliche Feuchtigkeitsnester an Holzbauteilen im Keller, überall erhebliche Liegestäube trotz der geforderten Absaugung und eine mangelhafte Raumabschottung. Eine Messung der Gesamtpartikel in der Kellerluft ergab erhöhte Konzentrationen an Sporen des Typs Penicillium/Aspergillus/Tricho­derma, die weiteren Sanierungsbedarf bestätigten. Der Bauunternehmer wurde erneut zur Nachbesserung aufgefordert. Sanierungskontrollen durch endoskopische Prüfungen, Tupferproben und Raumluftmessungen zeigten danach im Keller eine erhebliche Verbesserung der Belastungssituation und im Erdgeschoss nur geringe und in der Wohnpraxis zu vernachlässigende Sporenbelastungen. Im Obergeschoss bestätigte die Schimmelpilzmessung in der Raumluft einen massiven Befallsherd hinter Innenverkleidungen, der bereits nach der endoskopischen Sichtprüfung zu vermuten war. Erhöhte Sporenkonzentrationen wurden auch im Dachgeschoss gemessen. In den Tupferproben lag hier zwar kein aktiver Schimmelbefall vor, jedoch waren verstärkt Außenluft-untypische Pilze wie Penicillium glabrum und Trichoderma harzianum vorhanden, die noch erhöhte Sporenkonzentrationen von einem früheren oder anderswo lokalisierten Befallsherd zeigten. Vereinzelt war an Balkenauflagern auch Hefebefall festzustellen, ein Zeichen für zu hohe Materialfeuchte.

Weiterer Verlauf

Der Bauunternehmer wurde zu folgender Nachsanierung im Ober- und Dachgeschoss aufgefordert: Öffnung mutmaßlich befallener Hohlräume, Entfernung von Schimmelbefall unter Staubschutzmaßnahmen, Desinfektion, Überprüfung der Holzfeuchten insbesondere im Fußbereich der Holzbauteile, ggf. Nachtrocknung, intensive Absaugung aller Bauteile im Hohlraum, Absaugung aller raumluftberührten Oberflächen, Nachprüfung des Sanierungserfolgs durch erneute Kontrollmessungen.

Statt nun endlich das Übel an der Wurzel zu packen, bestanden die Nachbesserungsarbeiten des Bauunternehmers jedoch nicht darin, die noch vorhandenen Schimmelpilznester zu entfernen, sondern sie mit OSB-Platten und Dämmmaterial vollständig zu verkleiden um sie nun endgültig dem kritischen Bauherren- und Sachverständigenblick zu entziehen.

Nach Beratung mit dem Sachverständigen riss dem Bauherren nun endgültig der Geduldsfaden. Er entschloss sich zur radikalen und vollständigen Sanierung des Schimmelpilzbefalls. Alle bereits angebrachten Verkleidungen an Außenwänden, Innenwänden und Dachverkleidungen und alle Dämmmaterialien wurden durch einen örtlichen Zimmermannsbetrieb entfernt. Zu Tage traten in allen Obergeschossen bereichsweise massiver und flächiger Befall an Holzbauteilen, Verkleidungselementen und Dämmungen. Gleichzeitig wurden nun auch eklatante Undichtigkeiten im Dachaufbau, gravierende Wärmebrücken und zahllose weitere Baumängel sichtbar, die spätestens im ersten Winter nach Erstbezug neue Schimmelpilzprobleme ausgelöst hätten.

Die Schimmelpilzsanierung

Im Grunde ganz einfach, denkt man sich: Den Schimmelpilz entfernen, wo liegt das Problem?

In der Praxis ist es dann doch meist komplizierter und die Tücke steckt im Detail. In diesem speziellen Fall lag der hauptsächliche Schimmelpilzbefall nicht an ebenen und leicht zugänglichen Flächen vor, sondern vor allem in den schlecht zugänglichen Eckbereichen (siehe Fotos oben) - das zum einen. Zum zweiten kam hinzu, dass auch höher gelegene Deckenbereiche oder Wand-Anschlussbereiche in den oberen Etagen zu sanieren waren - also doppelt schlecht zugänglich. Die Sanierung soll zum dritten natürlich auch so erfolgen, dass nicht an einer Stelle mit Schimmelpilzen belastetes Material abgetragen und an anderer Stelle über kontaminierten Staub deponiert wird.

Die Lösung: 

Es wurde unter geeigneten Staubschutzmaßnahmen durch Fachperonal der gröbste Schimmelpilzbesatz zunächst mechanisch abgetragen. In einem zweiten Schritt wurden alle schlecht zugänglichen Bereiche mittels Trockeneisbehandlung - natürlich wieder unter geeigneten Staubschutzmaßnahmen - nachsaniert. Um eine vollständige Sanierung zu gewährleisten wurde zu einem Trick gegriffen: Alle mit Schimmelpilzen befallene Stellen wurden vom Sachverständigen vor Beginn der Sanierungsmaßnahme mit Signalfarbe markiert. Dieses einfache Verfahren kostet nicht viel (außer einige Spraydosen und ein wenig gymnastischen Einsatz des Sachverständigen), hat aber gleich zwei Vorteile: Der Sanierungstrupp hat seine Aufgabenstellung jederzeit quasi klar vor Augen, er weiß also genau, wo er was zu tun hat. Das Sanierungsziel ist ebenso klar ersichtlich: Die Sanierung ist vollzogen, wenn keine Farbe mehr zu sehen ist. Zum Abschluß wurden die Sanierungsbereiche feingereinigt und alle sanierten Flächen vorsorglich mit einem geeigneten Mittel desinfiziert. Zur Desinfektion ein Wort: Über die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit streitet sich die Fachwelt zäh und ausdauernd. An dieser Diskussion wollen wir uns aus pragmatischen Gründen nicht beteiligen. Natürlich braucht niemand eine Desinfektion, wenn sicher ist, das der Schimmelpilzbefall komplett entfernt wurde. Aber wann ist man schon sicher? Wenn man jedoch überlegt, wie wenig die Desinfektion kostet, dann gehen wir in der Regel auf Nummer sicher und lassen eine Desinfektion mit machen. Dann erst kann man sich einigermaßen sicher sein, dass wirklich alle Schimmelpilzprobleme beseitigt sind. Denn bei Einsatz eines geeigneten Desinfektionsmittels kann man davon ausgehen, dass nicht nur eine rasche Auskeimung evtl. übersehener Schimmelpilze bei einer erneuten Befeuchtung (z. B. durch temporäre Taupunktprobleme, die rasch einmal auftreten können) unterbleibt, sondern das auch das allergene Potential von abgestorbenen Schimmelpilzsporen oder Schimmelpilzfragmenten durch Denaturierung der allergenen Proteine sozusagen "erledigt" wurde.

Das Ergebnis

kann sich sehen lassen! Natürlich wurde der Erfolg der Schimmelpilzsanierung überprüft, durch Sichtkontrolle und durch Raumluftmessungen. Im Innenraum liegt die Schimmelpilzbelastung nun unter derjenigen der Außenluft, sehr erfeulich. Andererseits: Mit was für einem finanziellen Aufwand, mit wieviel Verdruss seitens des Bauherren wurde dieses Ergebnis erzielt? Mehrere zehntausend EURO wurden hier sinnlos vernichtet. Und warum? Ausgemachter Pfusch am Bau, ob aus Unvermögen des Bauunternehmers oder aus der Absicht, Kosten einzusparen oder einer Mischung aus beiderlei Gründen, das sei dahingestellt. Jedenfalls zeigt sich an diesem Beispiel mehr als deutlich: Wenn man mit einem Gerneralunternehmer baut, dann sollte man an den richtigen geraten. Es gibt derer sehr viele und man kann damit sicherlich in der überwiegenden Mehrzahl sehr gut fahren. Aber es gibt eben auch schwarze Schafe, die sich nur schwer als solche enttarnen lassen. Wenn man sich nicht sicher ist, hilft vielfach der Beistand durch eine externe Bauüberwachung, spätestens dann, wenn es beginnt schief zu laufen. Oder aber die frühzeitige Notbremse durch einen neutralen Gutachter, der - wie hier - den Missstand aufdeckt, bevor es gänzlich zu spät ist. Eines kann im vorliegenden Fall jedenfalls als sicher gelten: Ohne die Generalsanierung wäre dieses Objekt spätestens nach wenigen Jahren unbewohnbar geworden, ein Fall für den Totalabriß. Ein schwacher Trost für den Bauherren, der wegen Insolvenz des Bauunternehmers komplett auf seinen Zusatzkosten sitzen blieb, aber immerhin die Abwehr des finanziellen Totalschadens.

Geschafft! Abschließende Sanierungskontrolle und fertig sanierter Baukörper.

 

Das Projekt wurde ausgeführt im Zeitraum September 2011 bis Februar 2012.