Fallbeispiel aus dem Fachbereich ALTLASTEN/FLÄCHENRECYCLING

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Konversion des ehemaligen Hauptgerätedepots Glinde

Historie

Das Gerätehauptdepot Glinde blickt auf eine lange Geschichte zurück. Mit Spatenstich am 15. April 1936 entstand hier im Dorf Glinde bei Hamburg das größte Heereszeugamt Schleswig-Holsteins auf einer Fläche von 36 ha. Ab 1937 war das Zeugamt eine wichtige Drehscheibe für die Beschaffung und militärische Ausstattung der Wehrmacht im norddeutschen Raum, nach Ausbruch des 2. Weltkrieges wurden auch Beutewaffen und Geräte Instand gesetzt. Die Wichtigkeit des Zeugamtes war auch den Allierten bekannt. Und so beginnt am 6. Oktober 1944 um 12:04 Uhr Mittags der schwärzeste Tag des Zeugamtes. Im schönsten Sonnenschein nähert sich ein Bomberverband von 100 amerikanischen Langstreckenbombern dem Depot. Nur 19 Minuten später sind 35 Tote, 2 Vermisste und 80 Verwundete zu beklagen, 80 % des Heereszeugamtes Glinde liegen in Schutt und Asche. Rund 300 schwere Bomben von 500 bis 1.000 kg und etwa 3.500 Stabbrandbomben haben „ganze Arbeit“ geleistet.

Nach dem Kriegsende wurde das arg mitgenommene Zeugamt vom britischen Militär als Nachschubdepot und ab 1969 von der Bundeswehr als Gerätehauptdepot genutzt.

Die Aufgabe

Schon seit den 60er Jahren lag das Depot den Glindern „auf dem Magen“ und stand der Entwicklung der Stadt im Weg. Nach Aufgabe der militärischen Nutzung wurde das Gelände an eine Entwicklungsgesellschaft veräußert, um es einer zivilen Folgenutzung zuzuführen. Ca. 750 Wohn­einheiten sollten etwa 2.000 Einwohnern ein neues Zuhause bieten. Am 14.03.2008 fiel der lang ersehnte Start­schuss für das ehrgeizige Projekt. Schon im Herbst des­selben Jahres sollte die Liegen­schaft bau­reif über­geben werden.

 

Ein ganz wesentliches Hemmnis für die Entwicklung waren die bekannten Bodenverunreinigungen aus der jahrzehntelangen militärischen Nutzung und die über 250 über das gesamte Gelände verteilten Bombentreffer. Man befürchtete, dass die Bombentrichter zu einem Teil mit Brandschutt, Abfällen, Waffen und Munition verfüllt waren und es bestand ein Risiko, bei der Öffnung der verfüllten Trichter noch auf Bombenblindgänger zu stoßen.

Der Ablauf

Die Herstellung der Baureife des Areals erfolgte in drei wesentlichen Schritten:

  • Gebäuderückbau/Entsiegelung von Oberflächenbefestigungen  
  • Altlastensanierung
  • Verfüllung von Aushubbereichen und Herstellung des Neubauplanums 

 

Der Gebäuderückbau

Neben Lager- und Verwal­tungs­ge­bäuden waren Werkstätten, ein Bahnhofsgebäude, eine Tankstelle, Ver- und Ent­sor­gungs­leitungen zurückzubauen. Als Basis für die Rückbauplanung diente u. a. ein Schad­stoffkataster, mit dem alle schadstoffhaltigen Bauabfälle, wie z. B. asbest- und teerhaltige Baustoffe, erfasst wurden. Nach Schad­stoff­entfrachtung und Entkernung folgten Abbruch und Aufbereitung der min­eralischen Fraktionen mit modernen Brech- und Siebanlagen zu hochwertigem Recyclingmaterial.

Die Altlastensanierung

 

Sanierung Bombentrichter

Aus der langjährigen Nutzung des Depots blieben unliebsame Hinterlassenschaften: 257 verfüllte Bombentrichter, 35 Kontaminationsflächen und lokal oberflächennahe Verfüllungen. Die Bodensanierung wurde durch das Sachverständigenbüro Dr. Skowronek geplant, koordiniert und durch einen Sach­­verständigen nach § 18 BodSchG des Büros überwacht. Alle kartierten Bom­bentreffer wurden unter Überwachung des Kampfmittelräumdienstes und des Sachverständigen geöffnet, schadstoffhaltige Verfüllungen ausgeräumt, Waffen, Mu­nition sowie Bombenreste geborgen. 14 % der Bomben­trichter enthielten Kriegsmaterial, 29 % kontaminationsver­dächtiges Material. Skurrilste Funde: Ein komplettes Pferdeskelett und eine Apotheke mit vollen Arzneimittelflaschen. 

Sanierung von Kontaminationsflächen

Die bekannten Kontaminationsflächen, wie z. B. Tankstelle, unterirdische Tankbehälter, Abscheider, Brandplatz, wurden nach Anweisung des begleitenden Sach­ver­ständigen saniert. Hinzu kamen zuvor nicht bekannte Konta­minationen, wie z. B. ein unterirdisches Fasslager.

Sanierungskontrolle

Darüber hinaus wurde der Sanierungserfolg für jede einzelne Kategorie - Altlastverdachtsflächen, Bombentrichter und Freiflächen - vom Sachverständigen kontrolliert und durch eine geeignete Beweissicherung dokumentiert. Je nach Einzelfall erfolgten dazu eine Inaugenscheinnahme oder laboranalytische Kontrollen nach standardisierten Vorgaben. Der Anforderung der Bodenschutzbehörde entsprechend, wurden diese Leistungen durch einen Sachverständigen nach § 18 BBodSchG des Sachverständigenbüros Dr. Skowronek erbracht. So wurde mit vertretbarem Aufwand soweit als möglich sichergestellt, dass keine relevanten Bodenverunreinigungen oder Bombenblindgänger auf dem Gelände verblieben sind. Und der Erfolg gibt diesem Vorgehen recht.

Die neue Nutzung 

Am 12. November 2008 - nur sechs Monate nach Rückbaubeginn - wurde das Gelände baureif übergeben, mittlerweile ist es praktisch vollständig neu bebaut. 76 Jahre nach dem die Wehrmacht von dem Gelände Besitz ergriffen hat, erfreut sich so eine "alte Last" bei den neuen Hausbesitzern großer Beliebtheit. Ein gelungenes Beispiel für die Begrenzung des Flächenverbrauchs und die Nutzbarmachung einer Altlast in einem urbanen Ballungsraum.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Und zu guter Letzt:

Der Verfasser des Artikels dankt seinem "treuesten" Begleiter ohne den Vieles auf diesem unwegsamen Gelände nicht möglich gewesen wäre.